Das Schwarze Meer Gedicht
von Ulf Prix
In Afrika im Sudan
am oberen Weissen Nil
da lebt einst ein Krokodil
mit seiner Krokodilla.
Die aber war ihm untreu
und setzte ihm Hörner auf.
Aus Scham und aus Schmerz und aus Gram
beschloss es den oberen Nil
für immer zu verlassen.
Es schwamm durch den unteren Nil
durch den dunkleren, nach Ägypten
und erreichte gehörnt – ohne Sinn
am Mittelmeer Alexandrin.
Durchs östliche Mittelmeer
schwamm es zu den Dardanellen
und fand am Bosporus
den Eingang ins Schwarze Meer.
Jetzt lebt es im Schwarzen Meer
blieb aber beziehungslos
blieb aber zeugungslos
mangels anderer Krokodile.
(abgesehen davon, welche Krokodilla nähme
einen artfremden Partner mit Hörnern!?)
Lange Zeit ohne Erfolg
unternahm es vom Schwarzen Meer
Einschwimmversuche ins Delta
bis es die Donau fand.
Es schwamm weit donauaufwärts
durchs Eiserne Tor bis Belgrad
vorbei an Buda und Pest
bis hin zur Mündung der March.
Weiter dann Marchaufwärts
bis es durch seltenen Zufall
den Eingang zum Weidenbach fand.
Von da an kroch es entkräftet
an Gänsdorf vorbei und erreichte
die Mühle in Gaunersdorf.
Und dann, hier hinter der Mühle,
verliess es den Weidenbach
und kroch nun totmüd weiter
verfolgt von den trunkenen Blicken
der Weinviertler und ermattet
die Brünnerstrass nordwärts bis Poysdorf
bis Nikolsburg – Mikulov
wo es qualvoll sein Leben beschloss.
Dann hams´as einbalsamiert
hams´ausgstopft und es hängt jetzt
unterhalb Schloss Dietrichstein
an der Eingangswand im Gasthaus
Zum ghörnten Krokodil
u rohaty krokodil
wir hoffen, sie werdens besuchen.